Bindung zum Kind???

Hallo Ihr Lieben,

mein Mann und ich sind jetzt seit ein paar Monaten als Adoptiveltern anerkannt und warten.

Ich bin Erzieherin und weiß wie wichtig eine gute Eltern-Kind Bindung ist.

Deshalb meine Frage an alle die schon adoptiert haben.

Wie ist eure Bindung zum Kind und wie hat diese sich aufgebaut?

Ich hab manchmal Angst, dass wenn der Anruf kommt und das Kind dann bei uns zu Hause ist, ich keine Bindung aufbauen kann. Im normal fall baut man ja während der Schwangerschaft schon eine gewisse Bindung auf, diese gibt es ja dann aber nicht.

Ich weiß durch meinen Beruf, dass ich Bindung zu "fremden" Kindern aufbauen kann.

Vielleicht sind das auch Ängste die total unbegründet sind. Keine Ahnung... aber je länger ich warten muss desto mehr Fragen schießen mir in den Kopf. Denn eigentlich bin ich mir fast sicher das ich dieses kleine Wesen das uns dann bereichert ganz schnell in mein Herz schließen werde. Aber dennoch sind da auch Ängste... Ist das normal?

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Hallo,

wir sind Eltern von zwei leiblichen Kindern und 2 Dauerpflegekindern.

Deine Ängste sind völlig normal und gesund -sie zeigen, dass Du dich auf die Ankunft deines Kindes vorbereitest.

Unsere Mädels kamen im Alter von 2 Jahren und die Kleine war 7 Monate alt. Bei der Großen hat es nach zwei Tagen auf einmal "Klick" bei mir gemacht. Sie drehte sich beim Spaziergang um, schaute mich an und ich wußte, das ist "mein" Kind. Bei der Kleinen war es tatsächlich Liebe auf den ersten Blick. Sie kam mit 7 Monaten in einem schlimmen Zustand als Bereitschaftspflegekind zu uns und lebte drei Monate auf mir, da sie sonst immer solange schrie, bis sie sich erbrach. Durch diese körperliche Nähe entwickelte sich sehr schnell ein enge Bindung zwischen uns. Daher blieb sie dann auch als Dauerpflegekind bei uns, da ein erneuter Bindungsabbruch für sie schlimme Folgen hätte haben können.

Wir haben uns in der ersten Zeit als Familie immer auf uns konzentriert, damit die Kinder in Ruhe ankommen können und wir uns kennenlernen können (wir haben noch 2 größere Söhne). Ebenso wurden die Kinder in den ersten drei Jahren ausschließlich von uns betreut und gingen nicht in einen Kindergarten. Daher habe ich meinen Beruf aufgegeben, um ausschließlich für unsere Kinder da zu sein (war anders geplant, aber so ist das Leben).

Jetzt ist die Große 10 und die Kleine wird in einigen Monaten vier. Es sind die tollsten, frechsten, liebsten und mutigsten Mädels auf der ganzen Welt (ok, ich bin da nicht objektiv). Ich darf jeden Tag etwas von meinen Mädels lernen.

Wenn Euer Kind zu Euch kommt bin ich mir sicher, dass sich in Windeseile durch das Kuscheln, tägliche Versorgen und miteinander Leben auch Bindung aufbaut und ihr zu einer Familie zusammen wachsen werdet. Als Bereitschaftsmama habe ich schon einige Paare beim Elternwerden begleiten dürfen - es gehört mit zu den schönsten Erfahrungen in meinem Leben. Ich drücke Euch die Daumen, dass Euer Kind bald zu Euch findet!

Liebe Grüße
Delenn

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*Trächnen verdrück*
Das hast du so schön geschrieben. Ich bin so voller Bewunderung für Pflegeeltern und wenn ich lese mit wieviel Herzblut eine ganze Familie sich dieser Aufgabe widmet, dann hilft mir das so sehr den Glauben an diese Menschheit und das soziale Miteinander zu behalten und ich freue mich so für diese Kinder, die im größten Unglück, das beste Los ziehen, das ihnen grad zur Verfügung steht.

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Hallo,

vielen Dank, jetzt musste ich aber auch mal schlucken :-).

Wir haben aber auch ein tolles Team beim Jugendamt, welches uns gut begleitet und unterstützt.

Liebe Grüße
Delenn

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Ich kann dir von meiner Erfahrung berichten. Wir wurden Eltern von einem bereits 5 jährigen Kind. Ich habe sofort eine sehr starke Verbindung aufgebaut und vermutlich irgendwelche Hormone produziert, die mich blind vor Liebe zu diesem Kind werden ließen. Der Rest entwickelt sich genauso, wie mit leiblichen Kindern auch. Für mich ist es mein Kind und es weckt in mir alle Instinkte die eine Mutter braucht. Vertraue deinen Fähigkeiten.
Manchmal brauchen aber die angenommen Kinder Zeit, sich an die neuen Eltern zu binden. Das kann hart werden und erfordert viel Geduld und Verständnis. Dafür empfehle ich dringend zum Austausch mit Adoptivfamilien.

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Hallo Adoptivmama,

genauso ging es mir auch, unsere war 3 Jahre alt, als der Kindervorschlag kam, sind meine Hormone auch mit mir durchgegangen.

Sie ist unser Kind und bleibt es wie ein leibliches Kind.

V.G. Golfmouse

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Ohne Dich verschrecken zu wollen, erarbeite Dir eher Strategien, wie Du damit umgehen kannst wenn das Kind (vorerst) keine Bindung möchte, zulassen kann oder diese vielleicht sogar aus Misstrauen ablehnt.

Dann ist Dein beständiges Bindungsangebot nämlich umso wichtiger.

Alles Gute.

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Hallo Monsi90,

wir haben vor 11 Jahren ein drei jähriges Kind aus Haiti adoptiert. Unsere Kleine hat wie ein Baby ein oder zwei Jahre im Schlafzimmer geschlafen. Danach haben wir sie an ihr Zimmer gewöhnt und sie ist nachts häufiger mal rübergekommen und hat bei uns weitergeschlafen.

Da sie schon drei Jahre alt war und völlig aus dem Kulturkreis entrissen war und das Einschlafen sich im ersten Jahr über 3-4 Stunden hinzog, haben wir jeden Tag Platte mit Sprung gemacht. Wir haben sie in den Arm genommen und immer wieder Mama, Papa, ooo gesagt und dass wir eine Familie sind und für immer zusammengehören.

Wenn sie beim Sport war und wir mal nicht ganz pünktlich waren, haben wir ihr versichert, dass wir immer kommen würden.

Eine Zeit haben wir beim abendlichen Ins Bett bringen die Abholgeschichte erzählt, die übrigens viele Adoptivkinder hören wollen, zumal es dort sehr hübsche Bücher gibt, ebenso wie es war, als der Kindervorschlag kam.

Dann kamen Fragen, ob man Adoptivkinder zurückgeben könne, auch da kam die Platte mit Sprung und wir haben ihr gesagt, dass es nicht ginge, dass Adoptiveltern dass wüssten und auch ihr Kind nicht ins Heim geben wollen.

Nach Umwandlung wegen Auslandsadoption habe ich ihr immer wieder versichert, dass ich rechtlich genauso ihre Mama wäre wie die leibliche Mama einer Freundin.

Ebenfalls habe ich ihr immer wieder gesagt, dass manchmal Mütter mit ihren leiblichen Kindern nichts anfangen können so wie bei meiner Mutter, die sie nicht kennt, obwohl sie noch lebt und dafür man auch ein Kind lieben könne wie ein leibliches obwohl man es nicht geboren hätte, dass es so etwas bei Menschen und Tieren gäbe.

Noch heute ist es ihr ganz wichtig, dass egal wie der Tag war, ich abends wenn sie schläft(oder heimlich wartet)ins Zimmer komme und ihr einmal über den Kopf streichle und gute Nacht sage.

Wir sind für unsere Tochter Mama und Papa und finden immer wieder Dinge, die uns zu dritt Spaß machen.

V.G. Golfmouse

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Ehrlich? Das war auch unsere grösste Sorge.
Aber als es soweit war, war diese Sorge sofort wie weggeblasen.
Wir haben zwar keine vergleichsmöglichkeit, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sich ein Mensch noch tiefer in ein Herz hineinbrennen kann als unsere Kleinen.