Wie komme ich wieder in die Spur?

Hi zusammen,

Dieses Jahr war wirklich sehr fordernd für mich. Beruflich war es sehr anstrengend, ich hatte nur zwei Wochen Urlaub, wir waren in Kinderwunschbehandlung, im September hatte ich eine Fehlgeburt....
Bisher habe ich das alles gut weggesteckt, aber jetzt merke ich, dass ich sowohl geistig als auch körperlich völlig am Ende bin. Im Januar habe ich eine Woche Urlaub und ich hoffe, da wieder zu Kräften zu kommen. Habt ihr Tipps, wie man schnell wieder in die Spur kommt? Was hilft euch, wenn ihr ausgelaugt seid?

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Das ist leider eine sehr individuelle Frage, da geht jeder anders mit um und jedem hilft etwas anderes.
Weil du gefragt hast was mir hilft (folgendes ist eine Beschreibung wie ich es mache, nicht! eine Empfehlung wie du es machen sollst):
Wenn ich von der Arbeit mal wieder völlig ausgelaugt war (3-4 Jahre ohne Urlaub bzw. im Urlaub stets durchgearbeitet, 2-3 Monate ohne freien Tag inkl. Wochenenden und Feiertage, usw.) hat mir strikte Selbstdisziplinierung und Härte gegenüber mir selbst geholfen.
Einfach hart bleiben, hab mir selbst vorm Spiegel gesagt stell dich nicht so an du armseeliger kleiner Jammerer, mach deinen verdammtne Job. Und wenn ich nach 2-3 100h Woche am Stück einfach fertig war, hab ich mich selbst richtig eingepeitscht und gesagt, kein Zurückweichen, kein Nachgeben, das ziehst du jetzt durch und wenn es das letzte ist was ich mache. Das funktioniert bei mir. Strikte rücksichtslose Härte gegenüber mir selbst.

Klingt jetzt ein bisschen seltsam, aber bei mir klappt es wunderbar. Besser als jedes Wellnes-Erholungs-Wochenende oder so, insbesondere weil ich zur Jammerei und Faulheit neige.
Das heißt aber eben nicht dass es bei anderen funktioniert. Kann mir auch gut vorstellen dass es bei anderen einen völlig gegenteiligen Effekt hat oder diese sich dadurch erst recht in eine Erschöpfungsdepression geraten.

Will damit nur sagen, jeder ist anders, jeder hat seine Belastungsbewältigungs-Strategien die bei einem funktionieren. Welche bei dir funktioniert solltest du selbst am besten Wissen.

Bearbeitet von MertE
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Lieben Dank für deine Antwort. Tatsächlich ticke ich eigentlich wie du und bisher haben mir Disziplin, Härte und Zähne zusammenbeißen immer geholfen. Ich kann mich aber nicht erinnern, dass ich mich auch geistig und emotional schon mal so leer gefühlt habe und jetzt habe ich das Gefühl, dass ich mir eine neue Strategie überlegen muss.

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Das kann ich gut verstehen. Ich glaube auch dass sich die Stressbewältigungs-Strategien im Laufe des Lebens durchaus mehrmals ändern können (je nach Alter, Situation, Umfeld,...). Vielleicht sogar je nachdem welche "Art" von Stress und Belastung man ausgesetzt ist (z.B. ob beruflich oder privat).

Dann ist es sicherlich besonders belastend wenn man eine eigentlich funktionierende Methode hat, diese aber in der konkreten Situation dann versagt.
Ich persönlich habe für mich festgestellt dass ich mit völligen Abschalten vom Beruf (Auszeit, Wellness-Woche, und Ähnlichem) nicht gut klar komme. Dabei kann ich überhaupt nicht entspannen, das stresst mich sogar noch mehr, weil ich z.B. ständig die Mails checken möchte, es mir aber selbst verbieten muss, dann dafür umso mehr darüber nachdenke ob alles gut läuft. Da geht es mir mit bei auf 2h reduzierter Arbeitszeit im Urlaub psychisch besser als bei einem "komplett Urlaub" ohne Arbeit. Du kannst ja mal ausprobieren wie es für dich ist, einfach mal "nichts" zu machen und von allem abzuschalten.

Bearbeitet von MertE
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Ein ganz wichtiger Tipp ist: mach dir jetzt nicht noch zusätzlichen Stress, in dem du "zwanghaft" versuchst, zur Ruhe zu kommen. Das wird nicht klappen, genau wie sich nachts zum schlafen zu zwingen. Ich denke, dein "problem" ist eher langfristig anzugehen. Freu dich erstmal auf die 1 Woche Urlaub. Vielleicht kannst du dir ja erstmal nur eine fixe Sache vornehmen, die du während dieser Auszeit machst, irgendwas schönes. Pack dich eher nicht zu voll.

Und dann würde ich mir für 2023 vornehmen, im Allgemeinen mehr zu enstpannen. Nehme deinen vollen Urlaub (falls du Angestellte bist) und schaffe dir dir mehr "Urlaube" im Alltag. Aber das alles nicht dogmatisch, es klappt halt mal besser, mal schlechter. Ich finde es z.B. prima, dass du so reflektiert bist und überhaupt fühlst, dass das Jahr dir nicht gut getan hat. Das bedeutet, du kannst genau so gut fühlen, wenn dir etwas gut tut. Und dieses "Etwas" musst du mehr in deinen Alltag integrieren. Ganz klassich kann ich noch die tägliche (!) Bewegung an der frischen Luft empfehlen.

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Danke für deine Tipps! Tägliche Bewegung an der frischen Luft mache ich, das brauche ich auch. Mir hat auch z. B. ein Tag wandern immer geholfen, runter zu kommen und abzuschalten. Nur irgendwie mag das auch nicht mehr so funktionieren. Solange wir unterwegs sind, fühle ich mich gut, aber es lädt eben keine Batterie mehr auf. Wenn ich zuhause die Wohnung betrete, fühlt sich die Batterie so leer an wie zuvor.

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Ich weiß, dass viele das nicht gern hören und es ist ja auch nur ein Gedanke. Aber ich würde auf jeden Fall an deiner Stelle spätestens so in 2 Monaten - wenn sich dieser Zustand nicht merklich gebessert hat - mal in Erwägung ziehen, einen Therapeuten aufzusuchen. Für mich klingt es doch schon etwas nach Depression. Das mit dem Kinderwunsch ist natürlich auch eine aufreibende Zeit. Ich denke, dieses Thema wird dich permanent "unruhig, unerfüllt" fühlen lassen (bis es irgendwann mal "abgeschlossen" ist). Wird sich denn jobtechnisch in 2023 etwas ändern, was dir mehr Entlastung verspricht?

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Womit man sich entspannt, ist sehr individuell. Ein Buch zur Selbstreflexion, das sich angenehm liest und gute Ideen zu dem Thema liefert, ist “Die Manana-Kompetenz - auch Powermenschen brauchen Pause“ von Maja Storch und Gunter Frank.