Mein Sohn, ich bin verzweifelt :-(

Hallo!

Ich bin momentan echt verzweifelt! Mein Sohn ist 6, kommt nu in die Schule! Er war von Geburt an, super pflegeleicht, hat sehr viel geschlafen (wurde oft beneidet)
total problemlos!
Ich bin von Anfang an mit ihm alleinerziehend, zum KV besteht leider kein Kontakt! Er hat sich nie für den Kleinen interessiert :-(

Aber seit ca wenigen Wochen geht es los... ... es is die H Ö L L E
Und ich untertreibe noch.........
Ich befürchte, das mein Sohn über Nacht von Aliens entführt wurde, denn er is ein komplett neuer Mensch geworden #gruebel #kratz
Soo plötzlich #kratz

Er proviert ohne Ende - diskutiert ohne Ende - lacht mich aus - nimmt mich nicht ernst, erst wenn ich richtig böse werde - und das schlimmste : er erzählt Lügen

zB hat er im Kiga erzählt, das er sich zuhause NIE die Zähne putzt #schock
das ich immer "nur" mit ihm schimpfen würde #kratz
Letztens hat er sich etwas geleistet, worüber ich immer noch geschockt bin. Er hat im Kiga seinen Penis rausgeholt, und wollte, das andere Kinder daran riechen #schock

Was ist mit ihm los ???? Ich hab das Gefühl, ich erkenne meinen eigenen Sohn nicht mehr wieder
Er ist etwas zurückentwickelt, bekommt Logopädie und Ergotherapie und auch da bekomme ich nur negative Aussagen!!! Aber auch erst seit wenigen Wochen.. vorher war alles super!
Heute habe ich viel geweint, ich bin echt an meine Grenze gekommen.. hab ihn das erste Mal so richtig angeschrien und danach bin ich in die Küche und hab geweint.. er kam mir hinterher, und ging dann wieder in seinen Zimmer. Machte die Tür zu, und spielte.... als wenn nix wäre #heul

Ich weiss nich wie ich mich verhalten soll..ignorieren bringt nix, er lacht dann und macht daraus ein Spiel.
*seufz*
:-(
Hat jemand einen Rat?

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Sorry, da hat sich ein Fehler eingeschlichen!

Statt "proviert" meinte ich natürlich provoziert

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Ihr Sohn steht nun einmal vor einem ganz elementaren Schritt im Leben. Hier wird aus einem Kindergartenkind ganz plötzlich ein Schulkind. Das mag für uns Erwachsene gänzlich harmlos klingen, aber für einen 6-Jährigen ist das eine unvorstellbar große Veränderung. Neue Bezugspersonen, alte und lieb gewonnene Bezugspersonen verlieren, neue Freunde, alte Freunde verlieren, neue Umgebung und eine vertraute hinter sich zu lassen, neue Regeln, nicht mehr nur noch der Spass zu haben, Hausaufgaben, Lernen, Noten… Die Liste ist endlos lang.

Kinder können auf solche Veränderungen sehr allergisch reagieren. Wenn Sie hier im Forum ein Jahr zurück blättern, werden Sie um diese Zeit ebenfalls ziemlich viele ähnliche Beiträge finden - ihre Alienanalogie passt da ganz gut. Kinder können da wirklich wie ausgewechselt sein und - zum Teil ist das auch gänzlich normal. Viele Kinder zeigen bei solchen Umstellungen irgendwelche Verhaltensmuster. Die einen werden extrem zurückgezogen und weinerlich, die anderen testen nochmals Grenzen und spielen verrückt; bei meinem war es lange Zeit ein: „Ich bin jetzt ein großes Schulkind und ihr müsst mir alles erlauben.“; andere Kinder nässen nachts plötzlich wieder ein; die Palette der Symptome ist unvorstellbar lang.

Wenn Kinder provozieren, liegt das Geheimnis darin, sich nicht provozieren zu lassen, sondern #cool zu bleiben. Dann lassen Kinder das mit dem provozieren wieder sein: Es macht ja kein Spass, wenn sich niemand provozieren lässt. Beim diskutieren war ich immer gerne bereit, mich auf eine Diskussion einzulassen, wenn das Thema diskutabel war. Bei allem anderen sind wir auf die Diskussion gar nicht eingegangen - denn - zum diskutieren gehören immer zwei. Wir haben uns immer darauf verlassen, dass unser Sohn uns schon ganz genau verstanden hat, wenn wir ihm etwas gesagt haben. Da bedurfte es nie der Notwendigkeit, dann auf ein „Nein“ von ihm noch mal einzugehen. Notfalls hilft es, hier die gleiche Taktik anzuwenden, wie Kinder: Spielen Sie eine Schallplatte ab, die die „bitte“ immer und immer wieder wiederholt und gehen einfach nicht auf seine Diskussion ein. Wenn Sie letzteres nämlich tun, sind sie ziemlich von einem „Räum bitte dein Zimmer auf“ bei einer Erklärung, warum er denn kein Fernseh gucken darf, wenn er das Zimmer nicht aufräumt. Das darf man sich gerne ersparen. Was sind denn hier so typische Alltagssituationen, wo er „diskutiert“? Oftmals kann so was auch ein Zeichen dafür sein, dass er sich als (künftiges) Schulkind nun zu alt für eine Behandlung fühlt. Typische Situationen wären z.b., wenn Sie ihm bitten, sich anzuziehen, weil Sie kurz in den Supermarkt wollen und er mitkommen muss und er nun der Meinung ist, alt genug zu sein, auch kurz 5 Minuten alleine zu Hause bleiben zu können. Das wird ein 6-Jähriges Kind aber oftmals nicht artikulieren können, sondern, weigert sich dann einfach, die Schuhe anzuziehen.

Beim lügen geht es bei dieser Altersgruppe zum einen darum, dass die Realität und Phantasie manchmal noch nicht zielsicher auseinanderhalten können und zum anderen natürlich auch um „Aufmerksamkeit bekommen“. Auch ihr Penis-Malheur würde ich unter Aufmerksamkeit bekommen einordnen, da die in dem Alter schon ziemlich genau wissen, dass der im Kindergarten eigentlich in der Unterhose bleiben soll. Das Problem ist nur, dass Kinder in diesem Alter noch kein bis nur ein ganz minimales Schamgefühl kennen und natürlich schon wissen, wie sie hier - gerade Erwachsene - provozieren können.

Ich befürchte, hier hilft einfach nur, sehr viel über diese große Veränderung „Schule“ mit ihm zu reden und dabei gar nicht so sehr auf sein momentanes (Fehl-)Verhalten einzugehen. Bei meinem Spatz ging das immer am besten Abends, wenn wir ihn ins Bett gebracht und noch mal ganz lange mit ihm gekuschelt und geschmust hatten und er sich sicher und geborgen gefühlt hatte. Dann hat er einfach am besten zugehört und war ganz offen. Fragen Sie ihn, was er meint, was alles auf ihn als Schulkind zukommt. Worauf freut er sich? Wovor hat er Angst? Was versteht er noch gar nicht genau? Weiß er, was Hausaufgaben sind? Weiß er, was Noten sind? Weiß er, ab welcher Klasse er überhaupt erst Noten bekommt? Kennt er eigentlich schon den Schulweg? Könnte Er Sie zur Schule führen?

Weiß er, dass er dort manchmal genau so viel Spass haben wird, wie im Kindergarten? Das es manchmal sicherlich auch doof und langweilig ist? Sie können hier ganz aufrichtig zu ihm sein und brauchen ihn nicht anzulügen. Denn genau so, wie er weiß, dass unter seinem Bett noch Monster leben (unabhängig davon, wie sehr sie ihm vom Gegenteil zu überzeugen versuchen), wird er auch wissen, dass es sicherlich ganz doof sein kann, im Sommer nicht raus zum spielen zu dürfen, weil man noch Hausaufgaben zu tun hat. Wenn Sie hier nicht aufrichtig sind, verunsichern Sie Ihn nur, da er sich natürlich fragt: "Warum lügt Mama mich hier an?" Weiß er, dass er als Schulkind auch neue Privilegien bekommt; also Dinge, die eigentlich gar nichts mit der Schule zu tun haben aber, auf die er sich trotzdem freuen kann? Je mehr ein Kind hier über diese neue Situation weiß, des so sicherer wird er sich fühlen. Viele Eltern übersehen dass, weil sich die meisten Kinder auf die Schule freuen. Das ändert aber nichts daran, dass die trotzdem eine unvorstellbar große Angst vor dieser neuen Situation haben, und diese Angst macht unsicher. Da hilft nur reden, kuscheln, erklären und oft auch, nur zuzuhören.

Ansonsten kriegen es sicherlich die meisten Kinder hin, ihre Eltern mal an eine Belastungsgrenze zu führen. Die machen das nicht absichtlich.

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Wie immer gibt es zu jazzbassist wenig hinzuzufügen (mein Verdacht, daß Sie hauptberuflicher uriba-Mitarbeiter-Berater sind, bleibt ;-)...). Nur so viel: tröste Dich, mir geht's momentan mit meinem 6-jährigen ähnlich. Provozieren heisst bei uns im Moment: den kleinen, 1-jährigen Bruder ärgern. Wohlgemerkt: unser Großer hat sich RIESIG auf sein Geschwisterchen gefreut (er wollte unbedingt eins!), und bislang waren die beiden auch ein Herz und eine Seele. Natürlich war der Kleine solange er ein Baby war auch nicht wirklich Konkurrent um Spielsachen etc. .... (wohl aber um Aufmerksamkeit, klar). Jetzt aber geht natürlich öfter mal was zu Bruch oder der Kleine "haut" den Großen (der sich körperlich nicht wehrt, aber trotzdem frustriert ist, klar). So. Seit ein paar Tagen hören wir ständig: die Katze soll den Linus kratzen, damit er sich weh tut....der Linus soll in den Mülleimer fliegen...der Linus darf nicht mit zum Sommerfest, älltabätsch.....ich pinkle jetzt gleich mal den Linus an (erinnert mich stark an Deine Penis-Story!), ich kacke auf den Linus etc. etc.
Aus sonst muß ich mich mindestens 10 Mal am Tag schwer zusammenreissen, um nicht auszurasten. Der Große plappert mir alles nach (naja, nachäffen wäre wahrscheinlich der bessere Ausdruck, alles "ist mir doch egal" und so weiter und so weiter). Es scheint, als müsse er im Moment ALLES auf den Kopf stellen.....scheint mir irgendwie fast zwanghaft zu sein. Mein Sohn hat das vor ein paar Tagen auch sehr trefflich ausgedrückt: "Mama, ich habe so blöde Gedanken in meinem Kopf, da kriege ich richtig Bauchweh davon, ich will, daß die wieder weg gehen, aber das tun sie nur, wenn ich sie SAGE und dabei habe ich aber Angst, daß Ihr schimpft". Das hat mir einiges klar gemacht. Ich hab ihn dann in den Arm genommen und getröstet und seitdem fällt es mir auch leichter, die momentane Situation zu akzeptieren. Gehen wir einfach mal davon aus, daß das hier nur eine Phase ist, die sich mit viel Verständnis auflösen wird.

Viel Glück Dir und alles Gute! Babs

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Ich könnte mir das als 40-Stunden Job beim besten Willen nicht vorstellen. Weder über eine virtuelle Plattform, noch im realen Leben. Ich arbeite im medizinisch-wissenschaftlichen Umfeld und gehöre zu den Menschen, die immer eine klar definierbare Gruppe von Probanden und unwiderlegbare Ergebnisse benötigt, um ruhig schlafen zu können. Erziehung ist irgendwie genau das Gegenteil davon. Jede Famile ist anders und jedes Kind als Individuum an sich einzigartig. Sie müssen sich aus einer Mischung von Bauchgefühl und darauf, was Eltern Ihnen offenbaren, verlassen (ohne zu wissen, ob sie von einer richtigen Ausgangssituation ausgehen) und ein Ergebnis kann innerhalb weniger Tage schlagartig varriieren und Veränderungen dauern oftmals ziemlich lange. Das würde mich auf Dauer wahnsinnig machen :-p

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bist du alleinerziehend?

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Zitat :
"Ich bin von Anfang an mit ihm alleinerziehend, zum KV besteht leider kein Kontakt! Er hat sich nie für den Kleinen interessiert "

....lesen hilft!

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Hallo,

wenn du eine Umfrage machen würdest "War euer Kind um die 6j alt auch so schwierig?"
werden dir wahrscheinlich 70 % mit ja antworten.
Jazzbassist hat wieder mal eine ausfühliche und meiner nach richtigen Antwort geschrieben und dem gibt es von mir nicht hinzufügen.

Lg Sabine