Nach der Geburt im Krankenhaus

Wochenstation: Die ersten Tage nach der Geburt

Die Geburt ist das große Ereignis, auf das jede Schwangere hinfiebert. Aber was genau passiert eigentlich, sobald das Kind da ist? Was erwartet Mütter in den ersten Tagen nach der Geburt auf der Wochenstation im Krankenhaus?

Autor: Kathrin Wittwer

Vom Kreißsaal auf die Wochenstation

Wochenbett
Foto: © iStock, damircudic

Das Baby ist geboren, auch die Plazenta ist da. Zwei Stunden haben Mutter und Kind unter der Fürsorge von Arzt und Hebamme danach noch im Kreißsaal verbracht, es gab die U1, den ersten Stillversuch, Mama ist bestenfalls schon einmal aufgestanden, um den Kreislauf in Schwung zu bringen, hat probiert, ob das Wasserlassen funktioniert, vielleicht sogar schon geduscht. Ihre Zeit im Kreißsaal geht damit zu Ende. Und nun?

„Wenn es beiden gut geht, werden sie jetzt mit Sack und Pack auf die Wochenstation verlegt, entweder gleich zu Fuß, wenn die Mutter fit ist, oder sie werden gefahren. Dann schauen wir noch mal, ob alles in Ordnung ist, das Kind nicht ausgekühlt ist, und dann lassen wir die Familie in Ruhe das Wochenbett beginnen", erklärt Juliane Telschow. Die Hebamme arbeitet seit acht Jahren in der Geburtshilfe in Berliner Krankenhäusern, kennt sich auch mit der Wochenbettbetreuung aus, weiß: „Die genauen Abläufe sind in jedem Krankenhaus ein bisschen anders, es gibt dafür keine einheitlichen Leitlinien. Und es hängt auch davon ab, welche Unterstützung die Frauen wünschen und benötigen, da gehen die Bedürfnisse weit auseinander."

Praktisch: Rundumversorgung und die U2 auf der Wochenstation

Grundsätzlich ist die Zeit auf der Wochenstation – drei Tage zahlt die Krankenkasse nach einer Spontangeburt – einfach dafür da, dass sich Mutter und Kind von der Geburt erholen, die neue Familie sich kennenlernt, mögliche Geburtsverletzungen versorgt werden, Unsicherheiten rund um Babypflege und Stillen geklärt werden können. In vielem fühlen sich Mütter da auch gut aufgehoben: „Was ich seeeeehr genossen hab ist, dass ich mich um nix kümmern musste. Es wurde geputzt. Es wurde gekocht und das Essen aufs Zimmer gebracht usw. Die ganze Hausarbeit war weg und ich hatte viel Zeit mit meinem Kind", schreibt urbianerin „julieblack". Den „Rundumservice mit Essen, Windeln, Schmerztabletten" wusste auch „franzy.b" zu schätzen, ebenso, dass man in diesen ersten Tagen „rund um die Uhr einen Ansprechpartner bei Fragen oder Problemen hat." Dieses Sicherheitsnetz ist vor allem Erstgebärenden wichtig.

Die U2 auf der Wochenstation

Zudem – für viele ein entscheidender Faktor – erspart man sich den U2-Termin beim Kinderarzt, denn der wird noch vor der Entlassung auf Station gemacht. Auch Umstände für das Standesamt wegen der Geburtsurkunde können wegfallen, wenn man der Patientenverwaltung des Krankenhauses nötige Unterlagen (eigene Geburtsurkunden, Heiratsurkunde, Vaterschaftsanerkennung) schon vorlegt. Sogar erste Babyfotos vom Profi lassen sich direkt auf Station machen, auf viele kommt ein Fotograf.

Unruhe: Nachteile auf Wochenstationen

Eine bequeme Rund-um-die-Uhr-Versorgung bedeutet allerdings nicht automatisch auch die ersehnte Erholung, um in Ruhe mit dem Neugeborenen vertraut zu werden. Denn so ein Krankenhausbetrieb mit all seinen Leuten – Frauenarzt, Kinderarzt, Krankenschwestern, Kinderkrankenschwestern, Hebammen, Stillberaterinnen, auch Physiotherapeuten, Familienhelfer, Hauspersonal – kann eine ziemliche Herausforderung für die junge Familie sein. „Ich empfand die Zeit als stressig", schreibt „di-ana", „tags wie nachts kam alle halbe Stunde irgendwer ins Zimmer und wollte irgendwas. Blutzucker messen beim Kind, Temperatur messen bei mir, Schränke mit Wickelutensilien auffüllen, Untersuchungen durchführen, Gymnastikanweisungen geben, der Zimmernachbarin die Milchpumpe bringen usw. Mich hat das ziemlich überfordert."

Da, so Juliane Telschow, hilft nur „ganz klar zu sagen: Das ist mir jetzt zu viel. Nicht motzen natürlich, damit verdirbt man nur die Stimmung und tut sich selber keinen Gefallen. Wenn man selber keine Kraft dazu hat, den Papa machen lassen, die kriegen das meistens gut artikuliert."

Integrative Wochenbettpflege: das neue Zauberwort

Generell, sagt die Hebamme, „geht der Trend deshalb dahin, diese üblichen Routinen mit Arztvisiten und so weiter abzuschaffen, eben damit nicht ständig jemand ins Zimmer platzt. Das Frühstück gibt es deshalb zum Beispiel am Buffet, nicht auf dem Tablett ans Bett. Man bemüht sich, die Familie Familie werden zu lassen."

Das wichtigste neue Schlagwort in diesem Zusammenhang lautet „integrative Wochenbettbetreuung", die es in immer mehr Kliniken gibt. „Damit ist gemeint, dass nicht mehr viele verschiedene Leute für eine Familie zuständig sind, sondern jede von nur einem Ansprechpartner betreut wird, meistens einer Krankenschwester, die sich auch mit der Kinderpflege auskennt. Und die kommt nicht permanent rein, sondern nur dann, wenn die Familie etwas von ihr möchte, sei es Hilfe beim Wickeln, Baden oder wenn die Mutter etwas braucht", erklärt Juliane Telschow. Ein Wechsel an Ansprechpartnern ist zwar auch hier zwischen den Schichten unvermeidbar. Aber die Anzahl bleibt doch überschaubar.

Stillansichten: Meinungsüberfluss auf der Wochenstation

Das wiederum reduziert einen zweiten gewichtigen Störfaktor, der Mütter an Wochenstationen stört: dass sich zu viele Leute ins Stillen einmischen. „Nach den vier Tagen war ich von den verschiedenen Ratschlägen und Bemerkungen so durcheinander und verunsichert, dass ich immer noch nicht wusste wie man stillt", schreibt „mezzyhair" stellvertretend für viele Mütter.

„Das ist leider ganz oft so", sagt Juliane Telschow. „Deshalb ist es wichtig, im Krankenhaus deutlich zu sagen, dass einem das nicht hilft. Denn die Leute dort kriegen das im großen Betrieb selbst gar nicht so mit, die wissen meist gar nicht, dass jeder was anderes sagt."

24-Stunden-Rooming-in: Mutter und Kind immer vereint

Mit der integrativen Betreuung hat auch das sogenannte „24-Stunden-Rooming-in" Einzug in Kliniken gehalten. Das heißt, das Baby bleibt die ganze Zeit bei Mama und nicht in einem separaten Kinderzimmer. Auch deshalb geht man – zumindest auf neuen oder sanierten Stationen – dazu über, „nicht mehr als zwei Mütter plus Kinder pro Zimmer unterzubringen, weil das schon Unruhe genug ist", so Juliane Telschow.

Besuch auf der Wochenstation: bequem, aber oft auch störend

Nicht zuletzt wegen des Besuches, der zum Babygucken einfällt, ein weiterer Problembereich auf einer Wochenstation: Während die einen genießen, dass jeder, der sich das Baby in der Klinik schon mal angeschaut hat, die Familie später daheim in Ruhe lässt, ist für die anderen der Besucherstrom der Mitbewohner lästig, gerade, wenn man noch etwas malade ist. „Darauf hat das Krankenhaus nur bedingt Einfluss, seit die festen Besuchszeiten abgeschafft wurden. Man kennt das Problem, hat aber noch keine gute Lösung dafür gefunden", bedauert Juliane Telschow. „Wir weisen unsere Frauen schon früh darauf hin, dass es besser ist, auf Station nicht zu viel Besuch zu empfangen oder Rücksicht zu nehmen und mit ihm nach draußen zu gehen. Aber jede Frau handhabt das eben anders."

Beste Lösung für die Zeit auf der Wochenstation: ein Familienzimmer

Gut, wenn das Krankenhaus da Einzelzimmer anbietet. Noch besser, wenn es gleich Familienzimmer gibt, in dem für einen Zuschuss auch Papa bei Frau und Kind bleiben kann. „Diese Privatsphäre hat für die Familie, die dann in diesen ersten bedeutenden Tagen unter sich bleiben kann, ganz viele Vorteile", bestätigt Hebamme Telschow. Ebenso wie mit Einzelzimmern muss man allerdings meist ein bisschen Glück haben, dass just dann etwas frei ist, wenn man es braucht.

Kaiserschnitt: Unterstützung auf Schritt und Tritt

„Wie in einem Hotelzimmer" hat sich urbianerin „carlapa" im Familienzimmer gefühlt, „wir konnten die Kennenlernzeit genießen." Da sie einen Kaiserschnitt hatte, war es sehr günstig, den Mann immer an der Seite zu haben. Denn die wenigsten Frauen sind nach dieser OP sofort in der Lage, sich in allen Belangen um ihr Baby zu kümmern, brauchen stattdessen selbst viel Unterstützung. Fünf Tage zahlt die Krankenkasse in diesem Fall die Wochenstation. „Wie bei Spontangeburten geht man auch hier weg von langen Liegezeiten und will die Frauen wegen des Thromboserisikos möglichst schnell auf die Beine stellen, also zum Beispiel nach einer Morgen-OP am Nachmittag versuchen, ob sich die Frau zumindest schon mal an die Bettkante setzen kann. Aber auch da wird natürlich geschaut, wie die Mutter die OP überstanden hat, und nachts wird man sie nicht extra hochscheuchen", erzählt Juliane Telschow. Auf jeden Fall sollte auf der Wochenstation immer jemand in der Nähe sein, der (sobald der Blasenkatheder gezogen werden konnte) auch Gänge zur Toilette und zur Dusche begleitet und der Mutter das Baby in den Arm gibt, wenn sie selbst noch nicht beweglich ist.

Versorgung auf Station ist oft toll – aber daheim ist es noch toller

„Die Versorgung war super. Es war immer jemand da. Alle waren äußerst freundlich. Nach 3 Tagen fühlten wir uns gut vorbereitet um zu Hause allein unser neues Leben mit dem Kind zu meistern", bilanziert „mariposa-rosa" ihre Wochenstationerfahrung. Andere berichten von gehetztem, unfreundlichem Personal und unsensiblen Zimmerbelegungen, wenn eine bangende Frühchenmutter das Babyglück von Bettnachbarn ertragen musste. „Wer eine Auswahl an Geburtskliniken hat, sollte auf die Schlagworte integrative Betreuung und 24 Stunden Rooming-in achten, darauf, dass es Familienzimmer gibt und die Mehrbettzimmer höchstens mit zwei Frauen belegt werden", rät Juliane Telschow. „Dann kann man zumindest sicher sein, dass die Philosophie stimmt. Störende Routinen lassen sich aber nie völlig vermeiden." Selbst wer gute Erfahrungen gemacht hat, sagt deshalb in der Regel: Zuhause war es noch schöner, da fühlten wir uns wohl, da klappte alles besser – auch, „weil es da einfacher ist, weil man nur eine, die eigene Hebamme hat und sich sicherer fühlt."